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18. Oktober 2023

Aus Alt mach Neu – und dazu noch Musik!

Hinter den Kulissen des Naturmuseums Olten

Max Castlunger, Multiinstrumentalist und Musiklehrer aus Terlan im Südtirol

Remo Leuenberger 2 2023 2

Während der Covid-Pandemie, im Jahr 2021, hat Max die interaktive Ausstellung «Upcycling Music» geschaffen, die er nun bei uns im Haus der Museen in Olten ab dem 17. November 2023 (Vernissage: Donnerstag, 16. November 2023, 18 Uhr) während eines Monats täglich zum Klingen bringt. Es ist das dritte Mal nach den Auftritten 2008 und 2010 mit «Rhythm, Nature, Culture», dass Max in Olten mit einer Eigenproduktion zu Gast ist. Aber wer und was steckt hinter «Upcycling Music»? Wir lüften hier schon ein paar Geheimnisse rund um unsere nächste Sonderausstellung und ihren Erschaffer, Max Castlunger.

Musik wurde ihm in die Wiege gelegt

Max stammt ursprünglich aus dem Val Badia, auch bekannt als Gadertal, wo ladinisch gesprochen wird. Seine musikpädagogische Laufbahn war vorgezeichnet. Der Vater Carlo ist wie Max Multiinstrumentalist, daneben auch Komponist, Autor und Künstler, seine Mutter Zita unterrichtet im Kindergarten. Selbstverständlich spielte Max schon als Kind Klarinette in der Dorfmusikkappelle. Als Teenager entdeckte er aber seine Faszination für Schlagzeuge jeder Art. Nach dem Studium diverser Instrumente (u.a. Blockflöte, Congas, Bongos, Darabuka) in vielen Meisterklassen und nach zahlreichen Reisen in ferne Länder ist Max heute Multiinstrumentalist und Musiklehrer.

Spielend entsteht Musik – oder gleich eine ganze Ausstellung!

Wer so sehr verspielt ist und mit Musik experimentiert wie Max, kann vermutlich jedem Gegenstand Töne und Rhythmen entlocken! Wie naheliegend war es da, mit alten und gebrauchten Objekten auszuprobieren, ob und welche Klangwelten auf ihnen entstehen. Nun wollen wir es aber schon noch etwas genauer wissen, woher Max seine Ideen für «Upcycling Music» nahm und wie die zahlreichen Instrumente, die in der Ausstellung zu sehen sind, entstanden sind!

Interview mit Max Castlunger, Multiinstrumentalist und Musiklehrer

1. Erzähle bitte, wie kam Dir die Idee für die Ausstellung «Upcycling Music»?

Ich sammle seit ungefähr 25 Jahren traditionelle Schlaginstrumente aus aller Welt, habe gelernt, wie diese gespielt werden und konnte aus der Nähe viele verschiedene Materialien und Instrumentenbautechniken bewundern und studieren. So konnte ich nachvollziehen, dass der Mensch, seit es Musik gibt, alle möglichen Naturmaterialien und Alltagsgegenstände zum Musizieren eingesetzt hat und dass die Kreativität keine Grenzen kennt. Somit habe ich vor 15 Jahren angefangen, Instrumente mit Naturmaterialien und Abfallprodukten unserer Gesellschaft zu bauen, um teils meine Sammlung zu vergrößern und um die fehlenden traditionellen Schlaginstrumente aus der Welt, die ich nicht finden konnte, selbst nachzubauen. So entstanden z.B. die «Tapi» (Alpentrommeln) und die «Tonko» (Weinfasstrommeln). Als dann die Covid 19-Pandemie unser Leben zum Stillstand brachte, konnte ich während des Lockdowns unzählige Instrumente, die in meinen Gedanken schon geplant waren, bauen.

2. Woher stammen die Gegenstände, aus denen Du die Instrumente für die Ausstellung gebaut hast? Streunst Du einfach durch die Gegend und nimmst alles heim, was bespielbar aussieht?

Meine Hauptquelle, wo ich Materialien und Gegenstände finde, ist der Recycling Hof meines Wohnortes Terlan. Dort gibt es neben den klassischen Containern zur Trennung von Metall, Holz, Sperrmüll usw. auch eine Ecke «Wiederverwenden ist besser als wegwerfen». Dort finde ich teilweise sehr gut erhaltene Gegenstände. Zudem kann ich auch bei keinem Flohmarkt oder Secondhandladen vorbeigehen ohne darin rumzustöbern. Manchmal besuche ich auch Antiquitätenhändler, da sich alte Möbel aus Massivholz gut zum Instrumentenbau eignen.

blog max in der werkstatt collage 10.23

3. Es braucht schon handwerkliches Geschick und das richtige Werkzeug, um z.B. ein sogenanntes «Gender Wrench» zu erfinden. Woher bringst Du dieses ganze Knowhow mit?

Ich bin Sohn eines wahren Künstlers und Musikers, Carlo Castlunger. Mit ihm konnte ich schon seit meiner Kindheit lernen, Werkzeuge aller Art zu bedienen und verschiedene Materialien zu bearbeiten. Mein Vater ist gelernter Kunstschmied und hat mir einiges an handwerklichem Können beigebracht, wie z.B. das Ziselieren auf Messing oder Kupfer. Bei der Dekoration der «Gender Wrench» konnte ich dieses zum Beispiel verwenden. Ich habe mir auch in den letzten Jahren viel verschiedenes Werkzeug zugelegt, damit ich alle nötigen Bearbeitungen selbst durchführen kann.

Gletschertransport 1 2023

4. Ganz konkret, wie entsteht so ein neues Musikinstrument bei Dir? Brauchst Du wirklich nur Gebrauchtes und Altes?

Erstmals sammle ich Materialien und Gegenstände, die ich zum Instrumentenbau «geeignet» finde. Diese bewahre ich in meiner Werkstatt und in meinem Lager auf. Wenn ich dann ein Instrument bauen will, gehe ich in mein Atelier und lasse mich vom kreativen Fluss treiben. Ich mache Klangversuche aller Art mit allem, was ich gesammelt habe, bis ich etwas finde, das mich überzeugt. Jedes Instrument besteht aus mindestens einem wirklich alten Teil, an dem dieser Aufwertungsprozess namens «Upcycling» vollzogen wurde. Meist braucht es aber die Unterstützung von neuen Materialien, um das Instrument stabiler und robuster zu machen. So werden Trommeln immer mit neuen Tierfellen bespannt.

5. Deine Instrumente haben lustige Namen, zum Beispiel «Bikeys» (ausgesprochen [ˈbaɪki:s]) Erfindest Du auch diese selber?

Alle Namen meiner Instrumente habe ich selbst erfunden, was mir wirklich Spass macht. Die Instrumente sind oft von traditionellen Instrumenten inspiriert, aber andere sind reine Erfindungen. Dann müssen sie auch mit einem eigenen Namen getauft werden. Viele Namen entstehen durch einfache sprachübergreifende Wortspiele und viele sind auch von meiner Muttersprache Ladinisch abgeleitet. Ich spüre eine starke kulturelle Identität mit meinem Volk und meiner Muttersprache und fühle mich als Ladiner wirklich Teil der Ureinwohner der Alpen!

blog bikeys 10.2023

6. Du bist also nicht nur Multiinstrumentalist und Musiklehrer, sondern eigentlich auch noch Musikbauer! Ist es übertrieben, wenn ich behaupte, mit «Upcycling Music» hast Du Dir einen Traum erfüllt, weil Du damit Deine drei Berufe gleichzeitig ausüben kannst?

Ja, «Upcycling Music» ist für mich als Musiker, Handwerker und Musiklehrer wirklich ein tolles Projekt. Ich kann darin all‘ meine Leidenschaft und mein Können einbauen und ausüben. Das Schönste ist zu sehen, welche tolle Emotionen diese Instrumente und die Musik bei den Ausstellungsbesuchern bewirken. Mein Traum ist es, eines Tages ein eigenes tolles interaktives Musikzentrum zu schaffen.

7. Die Ausstellung «Upcycling Music» ist interaktiv. Was bedeutet das konkret?

Interagieren ist ein Handeln zwischen zwei Einheiten, in diesem Fall zwischen den Besuchern und den ausgestellten Objekten. Die Ausstellung kann und soll angefasst und zum Klingen gebracht werden. Die Musikinstrumente sind nicht nur handwerkliche Kunstwerke, die man optisch bewundern kann, sondern sie erzeugen Klänge, wenn sie in Schwingung gebracht werden. Die Ausstellungsbesucher sollen sich auf eine freie, persönliche Klangreise begeben, und die ausgestellten Klangobjekte durch Schlagen, Reiben, Zupfen, Drehen und andere Spieltechniken zum Klingen bringen.

blog konzertfuehtung 10.2023

8. Worauf kann sich das Publikum schon jetzt besonders freuen?

Viele ausgestellte Klangkunstwerke sind leicht bedienbar. Auch ohne musikalische Vorkenntnisse kann man sehr oft auf einfache Weise harmonische Klänge erzeugen. Diese kleinen Erfolgserlebnisse,  gemischt mit den verschiedensten Schwingungen, die teils stark in unserem Körper spürbar sind, erzeugen positive Energie, Entspannung und wirken gleichzeitig aufbauend auf den Besucher. Die Ausstellung ist also eine Art Heilraum, der durch die Musik das Publikum einhüllt und verwöhnt. Ein musikalischer Höhepunkt bietet das Konzert der «Upcycling Band» mit vier professionellen Schlagzeugern aus dem Trentino. Am 14. Dezember 2023 stehen wir gemeinsam in der Ausstellung auf der Bühne.

Vielen Dank für das Gespräch und bis gleich an der Vernissage, am 16. November 2023, 18 Uhr, in Olten!

Haus der Museen
Naturmuseum Olten
Konradstrasse 7
4600 Olten

Tel. +41 (0)62 206 18 00
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